Unconscious Bias – Wie automatische Denkmuster unser Handeln beeinflussen

Wenn es um Diversity geht, ist ein Aspekt, der in keinem guten Training fehlen darf, das Thema der unbewussten Voreingenommenheit, auf Englisch „Unconscious Bias“. Hierbei handelt es sich um automatische Denkmuster, die unser Handeln beeinflussen. 

Um das Konzept „Unconscious Bias“ ein wenig greifbarer zu machen, möchte ich Sie zu einem kleinen Gedankenexperiment einladen. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie befinden sich nach einer Operation im Krankenhaus. Die Tür öffnet sich und eine Frau mit Kopftuch tritt ein. Wer ist diese Frau? Eine Reinigungskraft, eine Pflegerin oder die Oberärztin?

Wenn Ihr erster Impuls war, dass es sich um eine Reinigungskraft oder eine Pflegerin handelt, sind sie nicht allein. Wir alle haben vorgefertigte Bilder in unseren Köpfen, die mit bestimmten Rollen verknüpft sind, und es dem Gehirn einfacher machen, die Welt zu sortieren. Diese Bilder oder Denkmuster sind uns meist nicht bewusst, daher erfordert es gewisse Anstrengungen, ihnen zu begegnen.

Denkmuster und ihre Entstehung

Denkmuster sind bequem: Sie helfen uns dabei, die Welt zu strukturieren und Informationen schnell und effizient zu verarbeiten. Jede Sekunde strömen tausende von Informationen auf uns ein. Doch nicht jede benötigt die gleiche Aufmerksamkeit. Das Gehirn filtert daher einen Großteil der im Moment nicht relevanten Informationen aus. 

Wir greifen in Situationen, in denen eine Entscheidung getroffen werden muss, auf eigene Erfahrungen zurück. Oft sind uns diese Denkmuster nicht bewusst. Aber sie prägen den ersten Eindruck, den wir von einem Menschen oder einer Situation gewinnen, und unser Handeln ihnen gegenüber.

Vorurteile werden zu Fehlurteilen

Aufgrund unserer früheren Erfahrungen verknüpfen wir unbewusst bestimmte Gruppen von Menschen mit positiven oder negativen Eigenschaften. Diese Assoziationen können dazu führen, dass wir automatisch Vorurteile haben oder bestimmte Verhaltensweisen bevorzugen, ohne darüber nachzudenken.

Tückisch daran ist, dass diese Denkmuster automatisch ablaufen. Nehmen wir das Beispiel der Führungsposition: Hier werden häufig unbewusst Männer als kompetenter und professioneller eingeschätzt als Frauen – selbst wenn die Qualifikationen auf dem Papier identisch sind. 

Die Illusion von Objektivität

Auch wenn wir versuchen, objektiv zu handeln, beeinflussen unbewusste Denkmuster unser Urteil über einen Menschen. Ein paar dieser „unconscious Biases“ sollen hier kurz erläutert werden:

  • Confirmation Bias: Es gibt die Tendenz, Informationen als relevanter einzuschätzen, die unsere eigene Meinung bestätigen: Halten Lehrkräfte z. B. eine Schülerin für begabt, so werden sie ihre guten Leistungen stärker wahrnehmen als ihre schwachen Leistungen. 
  • Stereotypen Bias: Stereotype gegenüber Geschlechtern können z. B. dazu führen, dass Männer eher für technische Positionen geeignet erscheinen. Im internationalen Umfeld können rassistische Vorurteile problematisch werden.
  • Halo-Effekt: Ein guter erster Eindruck kann langfristig dafür sorgen, dass ein Mensch oder sein Verhalten positiv wahrgenommen werden. Umgekehrt führt der Horns-Effect dazu, dass durch einen schlechten ersten Eindruck, die andere Person und ihr Verhalten negativer wahrgenommen werden. 
  • In-Group Bias: Menschen tendieren dazu Mitglieder einer Gruppe, derer sie sich zugehörig fühlen (In-Group), den Mitgliedern einer anderen Gruppe (Out-Group) zu bevorzugen. Dieses psychologische Phänomen nennt man In-Group Bias.
    Der Allbright Bericht stellt beispielsweise seit Jahren in Vorständen von börsennotierten deutschen Unternehmen einen sogenannten „Thomas-Kreislauf“ fest: Thomas ist seit Jahren der häufigste Name in den Vorständen. Die CEOs bevorzugen Mitglieder, die Ihnen in Bezug auf Alter, Geschlecht, Herkunft und Ausbildung ähneln. Neue Vorstandsmitglieder werden nach dem Vorbild der schon vorhandenen Vorstandsmitglieder rekrutiert.

Diese und andere „Biases“ formen unseren Eindruck und unser Handeln. Wir haben schnell Ideen, wie ein Mensch „so ist“. Solche Vorannahmen können dazu führen, dass Menschen diskriminierend behandelt werden. 

Unbewusste Denkmuster angehen

Jeder Mensch kann selbst an seinen unbewussten Denkmustern arbeiten. Hierbei sind die folgenden Schritte wichtig:

  • Bewusstsein: Zuallererst müssen wir wissen, dass es diese unbewussten Denkmuster gibt. 
  • Reflektion: Um ihnen aktiv zu begegnen, sollten wir versuchen, unsere Bauchentscheidungen zu hinterfragen: Warum bin ich zu diesem Ergebnis gekommen? Gibt es dazu rationale Gründe?
  • Abstand: Es hilft, mental einen Schritt zurückzutreten, um ein sachlicheres Urteil fällen zu können. 
  • Handeln: Vor allem im Recruiting ist es sinnvoll, Prozesse zu etablieren, die unbewusste Vorannahmen verhindern: anonymisierte Bewerbungsunterlagen, Fokus auf die Kompetenzen und Qualifikationen, keine schnellen Entscheidungen durch unreflektierte Biases etc.

Diversity- oder Unconscious-Bias-Trainings helfen dabei, sich der unbewussten Vorannahmen bewusst zu werden und Strategien einzuüben, wie wir produktiv mit ihnen umgehen. 

Wenn Sie mehr über unser Angebot an Diversity Trainings erfahren möchten, besuchen Sie gerne unsere Website.